Wasserbewegungen auf dem Balaton
Der etwa 600 Quadratkilometer große Plattensee ist ein ausge- zeichnetes Revier für Segler und Surfer. Der im durchschnitt nur ca. 3 Meter tiefe See bietet sehr abwechslungsreiche Wellen- und Windverhältnisse.
Seegelboote bei Balatonfüred
Beeinflusst werden die abwechs- lungsreichen Wasserbewegungen durch die große Ausdehnung des Sees, die Gliederung der Küste, die Verschiedenheit und Häufigkeit der Windrichtungen und Windgänge sowie durch die Gliederung der Seeoberfläche durch Ausbuchtungen.
Die drei typischen Wasserbewegungen des Balaton sind Wellengang, Spiegelausschlag (Wasserschwingung ) und Strömung.
Wellengang
Auf der den Windwirkungen ausgesetzten Wasseroberfläche ent- stehen je nach der Windstärke 0,5 bis 3 cm hohe Kapillarenwellen (die Oberfläche wird rau), die dem Wind eine Angriffsfläche liefern. Die Entstehung dieses Prozesses wird durch die seichte Tiefe des Sees gefördert. Unter der Sonneneinwirkung erwärmt sich die Wassermenge in geringerem Maße und das verhältnismäßig warme Wasser kommt leicht in Bewegung.
Der sich in senkrechter Richtung zur Längsachse des Sees fortbewe- gende Wind weist im allgemeinen zunehmende Windgeschwindig- keitswerte auf und hat eine pulsierende Wirkung. Eine grosse Rolle dabei spielt, dass die Täler am Nordufer an der Linie dieser Winde liegen.
Beim Wellengang spielen die verschiedenen Wellenbewegungen eine bedeutende Rolle. Die Wellenspitzenwerte haben sich in fast allen Fällen bei einer kurzfristigen, plötzlichen Verminderung der Wind- geschwindigkeit entwickelt. Wegen der Uferhindernisse pulsiert der Wind stark und es folgen hohe Wellen und kurze wellenfreie Intervalle einander abwechselnd. Die Perioden der einzelnen Wellen sind verschieden, ihre Formen sind sehr vielfältig. Die vom Grund zurückprallenden Wellen im seichten Uferbereich unterliegen einer Interferenzerscheinung.
Wenn die Wellen verschiedener Perioden und Formen bei einer plötzlich auftretenden Windgeschwindigkeitsverminderung von der Dauer einiger Minuten gleichzeitig aufeinander laufen und auch der Rückprall vom Seebett im geeigneten Moment eintritt, entstehen besonders hohe Wellen. Bedingt durch solche abwechslungsvollen Wirkungen entwickeln sich kurze Wellenfronten diverser Formen. Für den Wellengang des Sees kann keine typische, periodische Zeitdauer bestimmt werden.
In Ufernähe wurde die bisher höchste Welle von 1,82 m bei Windrichtung Nord gemessen. Diese besonders hohe Welle war ent- standen, als einem Windstoss von 21,1 m/sec eine kurzfristige Wind- geschwindigkeitsverminderung von 10 m/sec folgte. In der Seemitte wurde die höchste Welle von 1,95 m bei einem Wind aus Richtung Nord, Durchschnittsgeschwindigkeit 11,8 m/s gemessen. Der Windstoss erreichte den Wert von 19,5 m/s und darauf trat eine relative Windstille ein. Zeitgleich wurde in Ufernähe nur eine Wellenhöhe von 1,4 m gemessen.
Die durchschnittliche Höhe des durch den Wind verursachten Wellen- ganges beträgt 100 bis 130 cm, die Wellenlänge bewegt sich zwischen 2 unf 12 m. Die maximale Wellenhöhe entsteht bei N-NW-Winden, die sich senkrecht zur Längsachse des Sees aus- wirken. Bei plötzlich, schnell aufkommenden Winden entwickeln sich recht massive und hohe Wellen, aber innerhalb von 1,5 bis 2 Stunden nach Aufhören der Winde hört auch der Wellengang auf.
Bei den sich langsam, allmählich verstärkenden Winden entsteht und verstärkt sich der Wellengang parallel zur Windstärke. Dann ent- wickeln sich üblicherweise niedrigere Wellenhöhen als der Durch- schnitt, wobei mit Verminderung der Windgeschwindigkeit auch der Wellengang allmählich abflaut.
Änderungen des Wasserspiegels
Unter Windeinwirkung verlagert sich die Wassermenge des Sees in Windrichtung und so erfolgt ein bedeutender Wasserspiegelabfall. Der Windrichtung entsprechend fällt dann der Wasserspiegel an einem Ufer, an dem anderen steigt er. Aus praktischer Sicht müssen die Spiegelausschläge bei der augenblicklichen Einschätzung der Schiffbarkeit einzelner Häfen und Wasserwege sowie bei der Grundberührung und Flottmachen, ferner bei dem vorgesehenen Stillliegen der Schiffe berücksichtigt werden.
Der größte längsgerichtete Spiegelausschlag wird durch die WNW - und ONO-Winde hervorgerufen, die die gleiche Richtung wie die Längsachse des Sees aufweisen. Die sich ergebenden längsgerichteten Schwingungszeiten dauern je nach Windrichtung und Geschwindigkeit, sowie den topographischen Verhältnissen des Sees, von 5,5 bis 11 Stunden. Auf die längsgerichteten Schwingungen wirken sich zudem die Querschwingungen und die Schwingungen der verschiedenen Ausbuchtungen des Sees in großem Maße aus. Im Ergebnis der Wasserschwingungen kann zwischen zwei entfernten Punkten des Balaton ein wesentlicher Wasserspiegelunterschied entstehen. Beim beobachteten grössten Ausschlag am 14. Mai 1962 entstand in neun Stunden bei Keszthely ein Abfall von 45 cm, bei Alsóörs immerhin ein Anstieg von 52,5 cm. Der gleichzeitige größte Wasserspiegelunterschied betrug 80 cm, die Geschwindigkeit des längsgerichteten Windes war dabei 20 m/s.
Der Querausschlag ist im südöstlichen Becken zwischen Alsóörs und Siófok am bedeutendsten. Der bisher gemessene größte Spiegelausschlag war bei Alsóörs 52,5 cm, bei Siófok 37,5 cm. Die Schwingung dauert bei Siófok ca. 1,5 Stunden an.
Strömungen
Den Spiegelausschlägen und Wasserschwingungen zufolge treten Strömungen verschiedener Größe und Richtungen auf. Das Wasser strömt auf der Oberfläche in der Windrichtung, in der Nähe der Sohle infolge der Gravitation der Erde dem Wind entgegen, da der Wasserspiegel den Ruhezustand anstrebt. Bedingt durch die starken Ausschläge entstehen bedeutende Strömungen zwischen den einzelnen Becken und auch in den Becken selbst.
Die stärkste Wasserströmung kann auf der Wasserfläche zwischen der Halbinsel Tihany und dem Ufer Szantód beobachtet werden. Hier erfolgt der Wasseraustausch in engem Querschnitt zwischen dem nordöstlichen und südwestlichen Becken . An dieser Stelle treten hohe Wassergeschwindigkeiten auf , die in einzelnen Fällen die Werte von 1,4 bis 2 m/s ( 5 bis 7 km/h ) erreichen.
Die Strömungen Richtung Keszthely hat im Allgemeinen eine niedrigere Wassergeschwindigkeit, dauert aber länger als die in Richtung Balatonkenese. Es gibt eine starke Strömung am Beginn der Bucht von Keszthely und in der gesamten Bucht selbst. Hier lassen sich allerdings niedrigere Wassergeschwindigkeiten 0,3 bis 0,4 m/s ( 1 bis 1,4 km/h ) beobachten. Als Folge der Ausschläge kommen die ufernahen , sog. zirkulierenden Strömungen zustande, die sich hauptsächlich nahe der Sohle fortbewegen.
Windverhältnisse
Der vorherrschende Wind am Balaton, der "Hauptwind", weht zwischen N und NW. Im östlichen Becken ( zwischen Balatonkenese und Tihany) ist der NW Wind, im südwestlichen Raum ( zwischen Tihany und Keszthely ) der Nordwind typisch. Im Herbst und im Winter kommen SO und SW Winde häufiger auf. Die Stürme sind für die Schifffahrt besonders gefährlich, da sich der Wind plötzlich, fast ohne jeglichen Übergang verstärkt und zuweilen in 10 bis 20 Minuten eine Geschwindigkeit von 30 bis 35 m/s erreicht. Dem Ausbruch der Stürme geht meistens eine gemäßigte oder schwache südliche Luftströmung voraus und bei sprunghafter Geschwindigkeitszunahme dreht sich der Wind nach NW. Im Gewittergeschehen - als sich die abströmende Luft nahe der Wasserfläche ausbreitet und in Form von Auslaufwind heftige Stürme verursacht - ist der Wind in der Richtung des Zuges des Gewitters am stärksten und seitwärts gemäßigter. Das Gewittergeschehen kann 2 bis 3 Stunden andauern. Der bisher gemessene stärkste Windstoss erreichte am 13. Juli 1961 eine Geschwindigkeit von 129,6 km/h. So ein orkanartiger Wind kann im Durchschnitt 94,4 kp/qm Druck entfalten.
Am Balaton gilt der April als der windigste Monat. Die Stürme ( die 15 m/s übersteigenden Windgeschwindigkeiten ) entstehen zu Beginn des Sommers häufiger ( im Schnitt kann man alle 3 Tage mit stürmischen Windstössen rechnen), der ruhigste Monat ist dagegen der September ( im Schnitt kann nur einmal alle 10 Tage ein Sturmwind beobachtet werden). In den dem Nordufer vorgelagerten Seegebieten hat die Windschattenwirkung der Berge eine solche Intensität, dass sich dadurch die Windstärke in einzelnen Fällen ( z.B. zwischen Balatonfüred und Siófok ) sogar um 60 % verringern kann. Bei starken N- und NW-Winden lassen sich auf den Wasserflächen vor den zum See senkrechten Tälern allerdings starke Einblassungen beobachten. Wenn der Wind über den See gelangt, breitet er sich fächerartig aus, seine Geschwindigkeit übersteigt den Umfelddurchschnitt wesentlich. Daraus folgt auch, dass der südliche Uferbereich - besonders in den Sommermonaten - windiger ist als der nördliche. Wegen der bedeutenden Längsabmessung des Sees treten voneinander abweichende Wetterlagen in verschiedenen Bereichen auf. In einem Becken herrscht Windstille im anderen tobt ein stürmischer Wind. Das Vorwarnobservatorium des Landeswetterdienst in Siofok nimmt die Sturmvorwarnung für den Balaton-Raum wahr und betreibt jeweils zwischen 1. Mai und 30. September das Sturmwarnungssystem . Wenn der Wind in 3 Stunden die Stärke von 12m/s erreichen kann, wird die Sturmwarnung der Stufe I verordnet. Übersteigt die Windgeschwindigkeit sofort oder in 1 - 2 Stunden 17m/s wird die Sturmwarnung der Stufe II verordnet. An 24 Punkten am Ufer zeigt ein gelbes Licht die meteorologischen Verhältnisse an. Die Annäherung eines Sturmes durch ein gelbes Licht, das 30 mal in der Minute aufblitzt Stufe I, wonach Boote und Wassersportfahrzeuge nur innerhalb von 500 m breiten Zone vom Ufer fahren dürfen. Das kurzfristige Aufkommen eines Sturmes durch ein gelbes Licht das 60 mal pro Minute aufblitzt bedeutet Sturmwarnung der Stufe II, wonach ein Fahrverbot für Kleinfahrzeuge unter Segeln der Klasse B, sowie Boote und Wassersportfahrzeuge gilt